Veröffentlicht am 30.08.2021

Lust auf einen „gepflegten Tag“? An dem das Alter auch mal keine Rolle spielt?

Seit dem 12. Juli ist unsere Tagespflege „Im Nassauviertel“ in Idstein geöffnet. Hier treffen sich Menschen, um sich einen schönen Tag zu machen. Ohne Stress, ohne irgendwelche Verpflichtungen, aber eben nicht zu Hause – und in guter Gesellschaft. Die sich oft genug als viel vertrauter erweist, als man je gedacht hätte. Zum Beispiel, wenn zwei unserer Gäste plötzlich feststellen, dass sie früher zusammen auf dem Tennisplatz gestanden haben – und all die Jahrzehnte plötzlich wie weggewischt sind. Dann kann man oft gar nicht anders: als einfach dort anzuknüpfen, wo man vor vielen Jahrzehnten aufgehört hat – was das Älterwerden bestimmt nicht beschleunigt … (auch ganz ohne Tennis!)

Lange gut leben. Eine tolle Idee – und nicht nur für die Jüngeren!

Von mehr Lebensqualität im Alter profitie­ren alle Generationen. – Die einen sofort, die anderen später? Nein, eigentlich alle. Und ab sofort! Denn jede gute Zukunftsperspektive beginnt doch in der Gegenwart. Warum eigentlich nicht beim Roten Kreuz – in der Tagespflege?

Klar, auch wir wissen genau, dass das Älterwerden oder gar das Altgewordensein für die meisten Menschen nicht gerade ein Lieblingsthema ist. Spätestens, wenn es um die eigene Person oder um nahestehende Angehörige geht. Wahrscheinlich ist niemandem dieser Gedanke völlig fremd: dass es noch möglichst lange dauern möge, bis man vom Alter „eingeholt“ wird. Und bis dahin sind dann auch nur die anderen, eben „die Alten“, wirklich alt.

Aber wie redet man eigentlich in der Tagespflege darüber – also an einem Ort, an dem eigentlich alle Gäste erst einmal damit rechnen, sich nun endgültig „unter lauter alten Leuten“ wiederzufinden?

Wäre es nicht an der Zeit, an dieser Stelle einmal ganz andere Fragen zu stellen? Stimmen unsere Wahrnehmungsmuster vom Alter überhaupt noch? Oder andersherum: Müssen alte Menschen eigentlich ununterbrochen, von morgens bis abends, alt sein? Oft ist es gar nicht so schwer, von länger zurückliegenden Geburtsdaten einfach einmal abzusehen.

Selbst ist das Alter.

Die Tagespflege hat viel mit einer sehr alten Rotkreuz-Tradition zu tun: der Selbstorganisation. Die Gäste einer Tagespflege sind oft regelrecht begeistert, wenn sie ihre eigenen Ideen umsetzen. Dann geht es nämlich um etwas, das mehr mit ihrem eigenen Leben zu tun hat als mit einem „Angebot“ des Roten Kreuzes für eine bestimmte Altersgruppe mit ihren „altersspezifischen“ Merkmalen.

Die Tagespflege wird zu einem Ort, wo man gemeinsam etwas machen kann, wo man eine Rolle hat, in der man erstgenommen und respektiert wird, wie man ist. Also ein Ort, an dem es in vielen Momenten fast zu einer Selbstverständlichkeit wird: dass das Leben – also das Älterwerden – etwas von all seinem Belastenden verliert. Vielleicht auch einfach deshalb, weil es trotz allem einen Sinn hat?

So spontan wie sinnvoll: gegenseitige Hilfe.

Die besondere Qualität einer Tagespflege entsteht unmittelbar aus den persönlichen Begegnungen, die sie ermöglicht. Je öfter diese stattfinden und zu einer Normalität werden, desto mehr entdecken die Beteiligten, dass hier viele neue Herausforderungen entstehen, mit denen man sich sehr wohlfühlt! Was man zum Beispiel ganz konkret erleben kann: dass Menschen zwar oft aufeinander angewiesen sind, dass es aber auch schön ist, wenn es andere gibt, die Lust haben, zu helfen – und damit tatsächlich etwas bewirken.

Gebraucht zu werden, kann ein sehr schönes Gefühl sein. Das beginnt mit einfachen Dingen. Man kümmert sich um andere, die vielleicht nicht mehr so gut zu Fuß sind, tauscht einfach alltägliche Erfahrungen aus, hört zu und lernt dabei – oder kann selbst eigenes Wissen weitergeben.

Es entsteht Gutes und Spannendes, wenn man sich füreinander interessiert: Menschen haben für andere Menschen eine Bedeutung. Gerade auch deshalb, weil sie sich unterscheiden und anders sind.

Alternativen zur Berührungsangst.

Kann eine Gruppe mit individuell sehr unterschiedlichen Voraussetzungen in punkto Mobilität, Gesundheit und Befindlichkeit zu einem echten und vertrauten Miteinander gelangen? Oder schreckt diese Herausforderung sogar eher ab?

Natürlich wünscht sich niemand, gebrechlich zu werden – oder gar dement. Dass Menschen tatsächlich Zufriedenheit, Freude und Lebensqualität erleben und sich wohlfühlen können, wenn sie sich schon im nächsten Moment nicht mehr daran erinnern können, ist für viele kaum vorstellbar. Es ist aber so. Wir erleben immer wieder, dass Menschen mit Demenz anderen helfen können – so, wie sie es seit ihrer Kindheit oft ganz automatisch getan haben.

Auch Menschen mit erheblichen Einschränkungen, bis hin zur Demenz, können also durchaus sozial agieren. Das hat auch für alle Jüngeren etwas Tröstliches.

Möchten Sie mehr über unsere Tagespflege erfahren? 
Dann können Sie gern hier weiterlesen.

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